Meine erste Yogastunde....
(bitte nicht allzu ernst nehmen)
Ich habe in meinem Leben schon immer viel Sport betrieben. Sei es, dass ich jahrelang Pferdebesitzerin war und dadurch wirklich viel geritten bin, oder sei es, dass ich nach wie vor gerne laufen gehe, sehr gerne klettere und hin und wieder verschiedene Sportstunden absolviert habe. Und dann habe ich durch eine Freundin von Yoga erfahren. "Yoga ist so toll!" "Man fühlt sich wie neugeboren!" "Das MUSST du unbedingt ausprobieren!"
Ja, also bin ich natürlich hochmotiviert in die erste Yogastunde getänzelt - selbstredend in eine Mittelstufen-Stunde. Natürlich. Ich war ja sportlich... was soll ich also bei den Anfängern...
(...ich könnte mich heute noch dafür ins Gesicht klatschen...)
Gut. Ich war also da. Die Lehrerin war nett, begrüßte mich freundlich und fragte evtl. körperliche Beschwerden ab, die sie wissen sollte. Ich hatte natürlich keine Beschwerden - ich war doch sportlich!
Es ging los... wir sollten uns zu Anfang bequem und aufrecht in den Schneidersitz setzen. Bequem. Aufrecht. Wie jetzt? Man kann "bequem UND aufrecht" im Schneidersitz sitzen?!? ....und das über mehrere Minuten? Ok. War mir neu. Meinem Körper auch...
Hier sollten wir die Augen schließen und erst mal ein paar Minuten (!) ruhig sitzen, zu unserer inneren Mitte finden und den Atem ruhig fließen lassen.
Meine innere Mitte hat ein paar Minuten versucht, den Atem so zu regulieren, dass niemand sonst im Raum mitbekommt, dass meine Beine und die Hüfte laut aufschreien möchten. Meine Wirbelsäule hatte sich eh nach ca. 15 sec. verabschiedet.
Die Lehrerin hatte währenddessen ein paar schöne Worte gesagt. Ich glaube zumindest sie waren schön. Zuhören konnte ich leider nur so bedingt, weil ich ja einen inneren Konflikt mit meinen Gliedmaßen austragen musste.
Okay. Wir durften endlich in den Vierfüßlerstand und von da aus in den ersten herabschauenden Hund. "Bringt Länge in den Rücken", war die Ansage. Aha. Ich hatte das Gefühl, ich sehe aus, als hätte ich einen Hexenschuss und niemand hilft mir auf. Aber okay, das ging gerade noch. "Das wäre ja eine Basisübung und man könne jederzeit zu dieser Haltung zurückkehren, wenn man mal eine Pause bräuchte." Pause. Moment. Eine Pause, in der einem die Schultern abbrechen? Was bitte kommt jetzt noch, wenn das schon die PAUSE-Haltung sein soll?!? (Ich hatte ja verdrängt, dass das schon eine Mittelstufen-Klasse war).
Gefolgt wurde der herabschauende Hund von einer ganzen Vorbeuge. Dass meine ganze Vorbeuge alles andere als "ganz" war, sondern eher so viertel, hat hoffentlich außer der Lehrerin sonst niemand gesehen. War mir auch neu, dass man mit den Händen bis zum Boden kommen kann, ohne dass einem die Beinrückseiten kündigen.
Wir sind dann durch einige Runden Sonnengruß geflossen. Nach ungefähr 4 Runden hatte ich auch allmählich die Abfolge drauf. Die gingen tatsächlich ganz gut - mein Selbstvertrauen erholte sich langsam.
Dann kam der Stuhl .... klingt eigentlich erholsam. Tja, falsch gedacht. "Atmet ruhig und fließend weiter". Ich hab einfach gar nicht mehr geatmet. Die Frage, ob ich jemals wieder ein vertrauensvolles Verhältnis zu einem Stuhl aufbauen kann, konnte ich in dem Moment auch nicht beantworten.
Weiter ging es in die Seitenplanke. Endlich eine Haltung, die ich kann, dafür habe ich ja wohl Körperspannung genug. Dachte ich. Dass man aber so verdammt lange in der Haltung bleiben soll, damit hab ich natürlich nicht gerechnet. Meine Körperspannung auch nicht.
Es kamen noch einige Haltungen, die mich durchaus an meine Grenzen gebracht haben. Die alle hier aufzuführen, würde aber den eh schon langen Text endgültig sprengen.
In den abschließenden Dehn- und Twistübungen wurde mir ziemlich schnell klar, dass ich zwar offensichtlich ganz gut aufrecht gehen und laufen kann. Mehr aber dann auch nicht.
Ich will auch nicht verhehlen, dass ich danach den krassesten Muskelkater meines Lebens hatte. Tagelang ....
ABER: Es war der Wahnsinn. Ich war sofort Feuer und Flamme. Gut, man hätte evtl. nicht gleich in eine Mittelstufen-Stunde gehen müssen, aber abgeschreckt hatte mich das keineswegs. Ich wollte unbedingt auch so eine Körperbeherrschung lernen. Dass der Geist auch davon profitiert, hat bei mir eine ganze Weile Yoga-Praxis erfordert, bis auch das bei mir angekommen ist.
Auch habe ich schnell erkannt, dass es im Yoga kein "gut oder schlecht" gibt. Dass es kein Wettbewerb ist, bei dem man versucht, noch tiefer in die Haltung zu kommen, als der Mattennachbar. Nein. Ganz im Gegenteil. Man tut sich etwas Gutes. Nur sich. Was die anderen machen (und können), spielt überhaupt keine Rolle. Gar keine. Und das weiß auch jeder.
Ich kann also guten Gewissens sagen, dass FÜR MICH Yoga definitiv eine Erfahrung war und auch heute noch ist. Es lässt sich auch nicht so leicht beschreiben. Man muss es selbst erleben. Und es kann wirklich ein Erlebnis sein.
Das Schöne an Yoga ist für mich: Es funktioniert. Immer.
P.S.: Der vorstehende Text soll in keiner Weise unterstellen, dass in Yoga-Stunden Haltungen verlangt werden, die unmenschlich sind und der Lehrer Vorgaben macht, die für den ein oder anderen einfach schmerzhaft sind und man sie bitte lautlos über sich ergehen lässt. Der vorstehende Text ist einzig und allein eine Erzählung darüber, wie ICH meine erste Stunde erlebt habe. Ich bin mit einer völlig falschen "Vorstellung" in die Stunde gegangen und habe ehrlich gesagt - und damit bin ich höchstwahrscheinlich nicht alleine - immer gedacht, dass Yoga halt ein bisschen rumsitzen und evtl. ganz gemütlich leicht bewegen bedeutet. Im Fokus aber definitiv mehr das Spirituelle steht. Auch habe ich damals immer noch von mir selbst Perfektion erwartet und mich in die Haltungen gezwungen. Ich war ja der Meinung, wer sportlich ist, muss das auch können. An dieser Einstellung habe ich lange arbeiten müssen, um zu erkennen, dass GENAU das nicht der Grundgedanke von Yoga ist. Man sollte alle Vorstellungen über Bord werfen, sich einfach überraschen lassen und von Anfang an auf seinen Körper hören und nur das machen, wozu er in der Lage ist. Hätte ich in der ersten Stunde auf mich gehört und gleich zu Beginn "zugegeben", dass ich es nicht gewohnt war, z. B. lange und aufrecht im Schneidersitz zu sitzen, hätte ich sicherlich in einer bequemeren Haltung die schönen Worte der Lehrerin genießen können. Aber naja... man lernt ja bekanntlich nie aus...